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Symbolbild zum Bericht: Wer über die Zeit verfügt Nur in ganz wenigen Fällen kann der Arbeitgeber Arbeitszeit einseitig anordnen. Er muss aber die Interessen der Beschäftigten berücksichtigen.

Wer über die Zeit verfügt

Schwerpunkt

Die Arbeitszeit ist naturgemäß ein zentrales Thema im Arbeitsleben. Doch weder bei der Einteilung noch bei Überstunden muss man sich Zumutungen gefallen lassen.

Grundsätzlich wird die Arbeitszeiteinteilung vereinbart. Dafür gibt es Regelungen im Kollektivvertrag oder in der Betriebsvereinbarung. Doch selten bleibt die einmal vereinbarte Arbeitszeiteinteilung für längere Zeit unverändert. Es gibt Bedarf an Mehrarbeit, es gibt das Bedürfnis nach freien Tagen: Und schon stellen sich Fragen nach der Möglichkeit des Abweichens von der einmal vereinbarten Zeiteinteilung.

Eine der häufigsten Fragen ist wohl: „Kann der Arbeitgeber einseitig meine Arbeitszeit verändern?“ Wie so oft lautet der erste Satz der Antwort: „Es kommt darauf an.“ Zunächst kommt es nämlich einmal darauf an, was die kollektiven Normen, also Kollektivvertrag (KV) und Betriebsvereinbarung (BV), dazu sagen. Meist gibt es entsprechende Regelungen, die genau beschreiben, unter welchen Bedingungen und mit welcher Vorlaufzeit die Arbeitszeiteinteilung zu erfolgen hat. Doch selbst wenn es keine kollektiven Regelungen gibt, kann der Arbeitgeber nicht einfach nach Gutdünken die Arbeitszeiteinteilung verändern. Schließlich sieht auch das Arbeitszeitgesetz entsprechende Regelungen vor.

Keine Schikane

So muss die Änderung zunächst einmal sachlich gerechtfertigt sein. Ein Herumschieben der Arbeitszeit aus reiner Schikane ist also nicht möglich. Weiters muss eine Änderung mindestens zwei Wochen im Vorhinein mitgeteilt werden. Schließlich müssen sich die betroffenen Beschäftigten darauf einstellen können. Außerdem dürfen keine berücksichtigungswürdigen Interessen des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin der Veränderung entgegenstehen. Hier gilt es natürlich abzuwägen. Betreuungspflichten werden ein solches berücksichtigungswürdiges Interesse darstellen, die Kegelrunde wohl eher nicht. Und schließlich darf keine Vereinbarung der Veränderung entgegenstehen. Wenn also im Dienstvertrag, dem KV oder der BV keine entsprechenden Regelungen vorkommen, kann der Arbeitgeber die Arbeitszeit auch nicht einseitig verändern.

Ausnahmen bei Überstunden

Und was, wenn sich an der Arbeitszeiteinteilung an sich nichts ändert, sondern Mehrarbeit gefordert wird: Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen? Und darf der/die Beschäftigte diese ablehnen? Zunächst sind der Mehrarbeit gewisse Grenzen gesetzt. Mehr als zehn Stunden Arbeitszeit pro Tag sind nicht zulässig – von speziellen Ausnahmen abgesehen. Pro Woche sind nicht mehr als 50 Stunden erlaubt. Dadurch ergibt sich einmal eine natürliche Grenze an zulässigen Überstunden. Jedoch darf auch diese Grenze nicht ständig erreicht werden. Grundsätzlich gilt: Fünf Überstunden in der Woche sind zulässig und darüber hinaus weitere 60 verteilt auf das Kalenderjahr. Das sind zunächst einmal die maximalen gesetzlichen Schranken. Kollektivvertraglich können zusätzliche Überstunden ermöglicht werden.
Kann der Arbeitgeber nun innerhalb dieser Schranken nach eigenem Ermessen die Überstunden anordnen? Nein, kann er nicht. Auch hier gibt es Regeln, die einzuhalten sind. So muss zunächst geklärt sein, ob die Leistung von Überstunden überhaupt vertraglich vereinbart ist. Denn wenn sich aus Dienstvertrag oder Kollektivvertrag keine derartige Verpflichtung ergibt, können Überstunden natürlich auch ganz abgelehnt werden. Doch diese Variante ist, zugegeben, eher von theoretischer Natur. Denn schon allein wenn man in der Vergangenheit öfter unwidersprochen Überstunden geleistet hat, reicht dies aus, um daraus eine schlüssige Vereinbarung zu interpretieren. In aller Regel wird man daher von der grundsätzlichen Verpflichtung zu Überstunden ausgehen können. Doch grundsätzliche Verpflichtung heißt noch nicht, dass sie im konkreten Fall jedenfalls geleistet werden müssen. So können dem etwa berücksichtigungswürdige Gründe des oder der Beschäftigten entgegenstehen. Das können natürlich die bereits erwähnten Betreuungspflichten sein. Aber auch die bereits gekauften teuren Konzertkarten können ein Grund sein oder die Feier zu Omas 75. Geburtstag.

Rechtzeitig

Schließlich ist noch die Frage von Bedeutung, wann die Überstunde angeordnet worden ist. Eine Anordnung am selben Tag wird nur im Ausnahmefall noch als rechtzeitig anzusehen sein. Da muss schon sehr viel an unvorhersehbaren Umständen eingetreten sein. In der Regel kann gesagt werden: Je früher die Anordnung, desto eher muss die Überstunde auch geleistet werden. Jugendliche und Schwangere dürfen übrigens gar nicht zur Überstundenleistung herangezogen werden.

Keine Einseitigkeit

Grundsätzlich sind Überstunden zu bezahlen. Es kann allerdings auch die Abgeltung in Zeitausgleich vereinbart werden. Das Wesentliche daran ist die Vereinbarung. Es kann also nicht angeordnet werden, dass die Mehrarbeit zu einem späteren Zeitpunkt als Zeitausgleich konsumiert wird. Und selbst wenn die Abgeltung in Zeitausgleich vereinbart wird, so kann der Arbeitgeber den Zeitpunkt, an dem die freie Zeit genommen wird, nicht einseitig bestimmen. Grundsätzlich wird auch der Zeitpunkt des Zeitausgleichs vereinbart. Dies sollte innerhalb von sechs Monaten passieren. Geschieht das nicht, so hat der oder die Beschäftigte sogar die Möglichkeit, den Zeitpunkt des Zeitausgleichs selbst festzulegen. Also: Zeitausglich bedarf immer der Vereinbarung, sowohl beim Entstehen der Zeitgutschrift als auch beim Abbau des Zeitguthabens. Einseitige Anordnung seitens des Arbeitgebers geht gar nicht.
Eine besondere Form der Arbeitszeiteinteilung ist die Gleitzeit. Das bedeutet, dass die Beschäftigten Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit selbst in einem bestimmten Ausmaß festlegen können. Dafür kann dann zuschlagsfrei täglich zehn Stunden und wöchentlich fünfzig Stunden lang gearbeitet werden. Dafür bedarf es aber einer Betriebsvereinbarung. Ausnahmsweise kann in Betrieben, in denen es keinen Betriebsrat gibt, Gleitzeit auch im Einzelvertrag vereinbart werden. Es müssen dabei jedenfalls bestimmte Dinge geregelt sein wie etwa die Dauer der Gleitzeitperiode, also jener Zeit, innerhalb der sich Plus- und Minusstunden ausgleichen sollten. Auch der Gleitzeitrahmen, also jener tägliche Rahmen, der den frühestmöglichen Beginn und das spätestmögliche Ende der Arbeitszeit angibt, muss vereinbart sein. Weiters muss vereinbart sein, wie viel an Zeitguthaben oder Zeitschuld in die nächste Periode übertragen werden kann. Nicht zuletzt muss eine fiktive Normalarbeitszeit vereinbart sein. Das ist ein virtueller Dienstplan, der etwa definiert, welche Zeit im Fall von Dienstverhinderungen oder Urlaub gutgeschrieben wird.
Natürlich kann es auch bei Gleitzeit vorkommen, dass der Arbeitgeber von einem oder einer Beschäftigten eine Arbeitsleistung zu einer bestimmten Zeit verlangt. Das kann etwa durch eine Kernzeit geregelt werden, also eine definierte Zeit, in der der oder die Beschäftigte jedenfalls am Arbeitsplatz anwesend ist. Möglich ist auch die Definition eines täglichen Mindestausmaßes an zu leistender Arbeitszeit. Fehlen derartige Vereinbarungen, dann wird wohl die fiktive Normalarbeitszeit als Richtschnur dafür gelten müssen, über welche Zeit der Arbeitgeber verfügen kann. Angewiesene Tätigkeiten außerhalb dieses Rahmes sind dann trotz Gleitzeitregelungen als Überstunden anzusehen – und auch als solche abzugelten.
Nun ist, gerade in der heutigen Zeit, in der man via Mobiltelefon immer erreichbar ist, schlussendlich auch die Frage interessant, ob der Arbeitgeber mich jederzeit zur Arbeit rufen kann. Diese „Rufbereitschaft“ ist grundsätzlich möglich. Nur nicht unbegrenzt und auch nicht unentgeltlich. So ist Rufbereitschaft außerhalb der Arbeitszeit nur an zehn Tagen und nur während zwei Wochenenden im Monat zulässig. Auch die Abgeltung der Rufbereitschaft muss vereinbart werden. Sollte dann tatsächlich zur Arbeit gerufen werden, ist diese Zeit selbstverständlich zusätzlich als Arbeitszeit abzugelten.

Interessen der Beschäftigten

Es gibt also verschiedenste Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung, von denen hier nur wenige beispielhaft angeführt sind. Allen Modellen ist gemein, dass sie auf Vereinbarungen beruhen – entweder auf einem Kollektivvertrag oder auf einer Betriebsvereinbarung, zumindest aber auf dem Arbeitsvertrag. Nur in ganz wenigen Fällen kann der Arbeitgeber Arbeitszeit einseitig anordnen. Und auch dann sind die Interessen der Beschäftigten zu berücksichtigen.

Linktipp:
Rechtsinfos der AK:
tinyurl.com/hv5t6wl

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