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Arbeitsmarktindex neu Vor allem ist der Rückstand in der Entlohnung von Frauen gegenüber Männern hierzulande besonders hoch, die Betreuungsmöglichkeiten dagegen sind dünn gesät. Das verschlechtert die Arbeitsmarktchancen der Frauen massiv.

Arbeitsmarktindex neu

Schwerpunkt

Stärken, Schwächen des europäischen Arbeitsmarktes - Österreich im EU-Vergleich. Ein neuer Arbeitsmarktindex, erstellt vom WIFO im Auftrag der AK.

Menschen Arbeitsplätze zu bieten, welche ihren Fähigkeiten und Interessen entsprechen und gleichzeitig ein Existenz sicherndes Einkommen gewährleisten, ist für die AK die wichtigste Aufgabe des Arbeitsmarktes. Damit werden auch zentrale Kriterien der sozialen Gerechtigkeit angesprochen, insbesondere was die Verteilung der in einem Land erwirtschafteten Werte betrifft.

Arbeitsmarktrelevante Kennzahlen

Gerade der internationale Vergleich der Arbeitsmarktentwicklung erfolgt häufig auf Grundlage weniger Beobachtungsgrößen, etwa der Arbeitslosen- und Beschäftigungsquoten oder des Beschäftigungswachstums. Andere wesentliche Eigenschaften von Arbeitsmärkten bleiben dabei außer Acht. Um eine komplexere Analyse im Rahmen einer regelmäßigen EU-weiten Arbeitsmarktbeobachtung zu ermöglichen, bedarf es einer konzentrierten Zusammenschau. Daher hat das WIFO im Auftrag der Arbeiterkammer ein Indexsystem entwickelt, das eine Vielzahl von arbeitsmarktrelevanten Kennzahlen nutzen kann. So werden im Arbeitsmarktindex fünf wesentliche Aspekte der Arbeitsmarktsituation und -entwicklung in den EU Ländern in fünf separaten Bereichsindizes abgebildet und jährlich neu berechnet. Durch statistische Normierungsverfahren werden für jeden der Indizes unterschiedliche Indikatoren zusammengefasst und auf einer Skala von eins bis zehn abgebildet. Die erste Berechnung dieses EU-weiten Arbeitsmarktvergleichs erfolgte auf Basis von Daten des Jahres 2008 (vgl. Haas et al., 2011). Die Ergebnisse werden hier kurz zusammengefasst.

"Allgemeine Leistungskraft"

Der Bereichsindex 1 erfasst die "allgemeine Leistungskraft" des Arbeitsmarktes, die sich etwa in Wirtschaftswachstum, Produktivität, Beschäftigungsentwicklung und Arbeitslosigkeit ausdrückt. Hinter Dänemark und Luxemburg liegt Österreich in einer Gruppe mit den Niederlanden, Finnland und Schweden im EU-Spitzenfeld.
Ausschlaggebend für die relativ günstige Position Österreichs sind die geringe Arbeitslosigkeit und die hohe Beschäftigungsquote. Am unteren Ende finden sich mit Ungarn, Spanien, Malta und Rumänien, südeuropäische Länder und neuere EU-Länder. Auch andere Staaten im unteren Mittelfeld sind diesen Gruppen zuzuordnen, wobei Zypern und Slowenien positive Ausnahmen darstellen.
Der Bereichsindex 2 misst die "Integrationsorientierung" des Arbeitsmarktes für unterschiedliche Personengruppen. Darin werden beispielsweise die Beschäftigungsquoten verschiedener Altersgruppen, das geschlechtsspezifische Beschäftigungsgefälle, unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung, die Struktur der Arbeitslosigkeit oder das Aktivitätsniveau der aktiven Arbeitsmarktpolitik erfasst.
Österreich liegt auch in diesem Index mit Schweden und den Niederlanden in einer Gruppe hinter dem Spitzenreiter Dänemark. Auf die Position Österreichs drücken sowohl die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Erwerbstätigkeit als auch die geringe Erwerbsintegration Älterer. Als Stärken Österreichs erweisen sich etwa die vergleichsweise geringe Jugendarbeitslosigkeit oder die geringe Verbreitung befristeter Beschäftigung.
Wiederum weisen südeuropäische Länder und neue EU-Mitglieder die niedrigsten Indexwerte auf. Nur die baltischen Länder und Slowenien liegen im Mittelfeld.

Gerechter Zugang

Der Bereichsindex 3 beschreibt die Fähigkeit eines Landes, einen "gerechten Zugang zum bzw. Verbleib am Arbeitsmarkt" zu ermöglichen. In diesem Bereich sind Indikatoren zu Bildungschancen, der gesundheitlichen Situation und den individuellen Betreuungspflichten erfasst, die Einfluss auf die Erwerbschancen ausüben.
Wiederum führen die nordischen Staaten zusammen mit den Niederlanden und Slowenien die EU-27 an. Das untere Ende bildet eine Ländergruppe bestehend aus Malta, Italien und Portugal. Die neuen Beitrittsländer finden sich - mit Ausnahme Sloweniens - im unteren Mittelfeld.
Österreich weist hier ein unterdurchschnittliches Ergebnis auf, wofür die betreuungsbedingten Einschränkungen der Erwerbstätigkeit in Verbindung mit der ungünstigen Situation bei der externen Kinderbetreuung ebenso eine Rolle spielen wie Kennzahlen zur Gesundheit oder bildungsbezogene Aspekte.

"Verteilung der Erwerbseinkommen"

Die Bereichsindizes 4 erfassen die "Verteilung der Erwerbseinkommen" anhand von Indikatoren zur durchschnittlichen Höhe der Erwerbseinkommen, die funktionale und personelle Verteilung der Primäreinkommen (Arbeitsentgelt in Prozent des BIP, Maße der Einkommensverteilung), die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit, des geschlechtsspezifischen Verdienstdifferenzials, zur Größe des Niedriglohnsegments oder die Bedeutung der "Working Poor".
Die Ergebnisse zu diesem Index überraschen auf den ersten Blick: Belgien kann sich vor Dänemark, Malta und Luxemburg positionieren. Belgien verdankt seine Spitzenposition vorrangig der Lohn- und Einkommenshöhen und der geringen Bedeutung von "Working Poor".
Nach dieser Spitzengruppe folgt das obere Mittelfeld angeführt von Frankreich, Finnland, Slowenien und Schweden. Auch Österreich gehört dieser Gruppe an, wobei insbesondere vergleichsweise hohe Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit und die relativ ausgeprägten geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede zulasten von Frauen den österreichischen Indexwert drücken.
In diesem Bereich wirkt sich auch das meist geringere Einkommensniveau in den neuen Mitgliedsländern in Verbindung mit teilweise großer Spreizung der Einkommenschancen innerhalb des Landes deutlich aus: Lediglich Slowenien und Zypern erreichen leicht überdurchschnittliche Indexwerte.

Verteilung Sozialstaat

Der Bereichsindex 5 "Verteilung Sozialstaat" bildet die Rolle der sozialen Absicherung durch den Staat ab. Er enthält etwa Kennzahlen zu Ausmaß und Struktur der Sozialschutzleistungen (in Prozent des BIP) oder Indikatoren zu den Ergebnissen staatlicher Umverteilung, abgebildet etwa anhand der Armutsgefährdung.
Wiederum erreicht Dänemark die höchste Punktzahl gefolgt von Schweden, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Finnland und Österreich. Diese Spitzengruppe liegt relativ dicht beisammen.
Rumänien, Bulgarien und Lettland sind am Ende der Indexskala zu finden. Außer Ungarn und Slowenien erreicht keiner der neuen Mitgliedsstaaten den Medianwert der EU-27. Die südeuropäischen Staaten Portugal, Spanien, Italien und Griechenland liegen mit ihren Werten ebenfalls unterhalb des Medians.
Insgesamt zeigt sich eine gute Position des österreichischen Arbeitsmarktes im EU-Vergleich. Schwächen Österreichs betreffen besonders die Integration älterer Arbeitskräfte, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber auch die gesundheitsbedingte Erwerbsinaktivität, hohe geschlechtsspezifische Verdienstunterschiede und die hohe Abgabenbelastung auf den Faktor Arbeit. Positiv hervorzuheben sind beispielsweise das geringe Niveau der Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit, eine hohe Beschäftigungsquote und die Schutzfunktion des Sozialstaats.

Arbeitsmarktöffnung

Nach den Ergebnissen dieses Arbeitsmarktindexes ist die Arbeitsmarktsituation der neueren Beitrittsländer vor allem in den Bereichen Integrationsorientierung, Einkommensverteilung und Leistungsfähigkeit des Sozialstaats im EU-Vergleich relativ ungünstig einzuschätzen. Es sind jedoch auch spezifische Stärken einzelner Länder festzustellen: Beispielsweise ist Slowenien, mit Ausnahme des Indexes "Verteilung Sozialstaat", immer im oberen Mittelfeld zu finden und Tschechien liegt - etwas vor der Slowakei und Polen - durchwegs im Mittelfeld der EU-Länder.

Internet:
Wirtschaftsforschungsinstitut:
www.wifo.ac.at 
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