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Ostwind auf dem Arbeitsmarkt Im Bereich der Bauwirtschaft wird außerdem die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) aktiv. Auch in diesem traditionell von Lohn- und Sozialdumping und Schwarzarbeit stark betroffenem Bereich gab es entsprechende Gesetzesänderungen.

Ostwind auf dem Arbeitsmarkt

Schwerpunkt

Wie weit können neue Gesetze und Verordnungen die befürchteten negativen Auswirkungen der Arbeitsmarktöffnung verhindern?

Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn sind seit 2004 EU-Mitglieder - die Kaufkraft in all diesen Ländern ist deutlich geringer als in Österreich, die Arbeitslosenzahlen sind höher. Ab 1. Mai haben ArbeitnehmerInnen aus diesen EU-8-Staaten freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Bisher galten für sie aufgrund einer Übergangsfrist die Bestimmungen zur Ausländerbeschäftigung.

Lohn- und Sozialdumpinggesetz

Seit 2004 hat sich die Situation der EU-8-Staaten zwar deutlich verbessert, so verzeichnete etwa die Slowakei 2009 ein größeres Wirtschaftswachstum als Österreich. Trotzdem betrug das (bereinigte) slowakische BIP nur 60 Prozent des österreichischen (2001: 40 Prozent), Slowenien konnte hier 2009 immerhin die 70-Prozent-Marke überschreiten. Nicht nur die Gewerkschaften befürchteten daher den Konkurrenzdruck durch billige Arbeitskräfte aus dem Osten. Das neue Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz (LSDB-G) soll genau das verhindern. "Das Gesetz ist ein Meilenstein zur Bekämpfung von Sozialbetrug", so Sozialminister Rudolf Hundstorfer. "Es schützt sowohl österreichische ArbeitnehmerInnen als auch Beschäftigte, die zu uns kommen. Lohn- und sozialrechtliche Ansprüche zu umgehen, ist kein Kavaliersdelikt und muss entsprechend sanktioniert werden." Das Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz soll mit 1.  Mai in Kraft treten und gilt für in- und ausländische Betriebe und deren MitarbeiterInnen. Unterbezahlung, Scheinselbstständigkeit etc. können von da an mit Verwaltungsstrafen sanktioniert werden. Walter Gagawczuk, AK Wien: "Bisher konnten betroffene Personen gegen Unterbezahlung nur zivilgerichtlich vorgehen. Aus Angst vor Kündigung oder weil die Auslandsbeschäftigung ohnehin nur über einen kurzen Zeitraum erfolgte, ist das aber kaum passiert." Außerdem war das Risiko der ArbeitgeberInnen bisher praktisch null, es gab keine Sanktionen. Im schlimmsten Fall mussten Sozialversicherungsbeiträge nachbezahlt oder eben der Mindestlohn bezahlt werden.

Die wesentlichsten Punkte des LSDB-G:

  • ArbeitnehmerInnen in Österreich müssen zumindest nach dem jeweiligen Kollektivvertrag entlohnt werden. Folgerichtig werden auch inländische Betriebe entsprechend kontrolliert werden.
  • Ausländische ArbeitgeberInnen müssen für die Dauer der Beschäftigung alle erforderlichen Lohnunterlagen in deutscher Sprache am Arbeits- bzw. Beschäftigungsort bereithalten.
  • Erhebliche Unterschreitung des Mindestentgelts (Unterentlohnung), Vereitelung der Lohnkontrolle, Nichtbereithalten der Lohnunterlagen etc. werden mit Strafen von 500 bis 50.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100.000 Euro nach dem Verwaltungsstrafrecht sanktioniert.
  • In schweren Fällen oder bei wiederholten Vergehen können die Bezirksverwaltungsbehörden den ArbeitgeberInnen das Erbringen von Dienstleistungen für mindestens ein Jahr untersagen.
  • In der Wiener Gebietskrankenkasse wird ein eigenes LSDB-Kompetenzzentrum eingerichtet, das unter anderem Erhebungen durchführt, Anzeigen bei der Bezirksverwaltungsbehörde erstattet, Parteistellung in Verfahren hat und die Verwaltungsstrafevidenz führt. Fälle von Unterentlohnung, Scheinselbstständigkeit etc. können hier gemeldet werden.

Kooperation mit der Finanzpolizei

Im Bereich der Bauwirtschaft wird außerdem die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) aktiv. Auch in diesem traditionell von Lohn- und Sozialdumping und Schwarzarbeit stark betroffenen Bereich gab es Gesetzesänderungen.
Die Kontrollen des Kompetenzzentrums finden österreichweit in enger Zusammenarbeit mit der Finanzpolizei (FinPol, früher KIAB = Kontrolle illegaler ArbeitnehmerInnenbeschäftigung) statt. Derzeit sind in den Gebietskrankenkassen 242 PrüferInnen tätig, im Rahmen des LSDB-G sind 42 zusätzliche PrüferInnen vorgesehen.
ÖGB und AK fordern möglichst rasche Personalaufstockungen. Angesichts der umfangreichen Aufgaben des neuen Kompetenzzentrums darf bezweifelt werden, ob drei zusätzliche MitarbeiterInnen im Innendienst ausreichend sein werden. Die Finanzpolizei wird weiterhin unter anderem auch für illegale Beschäftigung von Personen aus Drittstaaten zuständig sein. 2010 wurden in jedem vierten kontrollierten Betrieb illegal beschäftigte AusländerInnen gefunden, hier gab es mehr als 7.800 Strafanträge, vor allem in der Baubranche und der Gastronomie.
 

Kein Ansturm in Sicht 

ExpertInnen erwarten, dass rund 15.000 bis 25.000 ArbeitnehmerInnen aus den EU-8-Ländern nach Österreich kommen werden. Das wäre für den heimischen Arbeitsmarkt durchaus verkraftbar. Wer im Ausland arbeiten wollte, der konnte das schon in den vergangenen Jahren in all jenen Ländern, deren Arbeitsmarktgrenzen schon länger offen sind als die österreichischen und deutschen. Norbert Lachmayr, Österr. Institut für Berufsbildungsforschung: "Bisher haben etwa 200.000 slowakische Arbeitskräfte die Möglichkeit der Freizügigkeit genutzt und arbeiten heute unter anderem in Tschechien, Großbritannien, Irland. Und im Bereich der illegalen Beschäftigung fallen Polen, Türkei und Ex-Jugoslawien stärker ins Gewicht." Für Schlüsselarbeitskräfte und Fachkräfte in mehreren Sektoren war der heimische Arbeitsmarkt ja schon längere Zeit geöffnet.
GPA-djp-Vorsitzender Wolfgang Katzian will die Ängste der Menschen ernst nehmen: "Tendenziell müssen vor allem ArbeitnehmerInnen mit geringer Ausbildung und niedrigem Einkommen mit einer kurzfristig verschärften Arbeitsmarktsituation rechnen - in regional unterschiedlichem Ausmaß. Andererseits bringt das Ende der Übergangsfristen auch die Chance für einen neuen Vorstoß zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und Lohndumping." Grenzüberschreitende Kooperationen und die Vernetzung aller Beteiligten müssen in Zukunft verstärkt werden, um allfällige Sanktionen vollstrecken sowie um Trends möglichst frühzeitig wahrnehmen und darauf reagieren zu können.
Im Übrigen gibt es auch Ängste bei unseren östlichen Nachbarländern. Man befürchtet, dass durch Abwanderung vor allem qualifizierte Arbeitskräfte fehlen werden. Klaus Nowotny, WIFO: "Sollte es tatsächlich dazu kommen, dann würde dieser Mangel zu steigenden Gehältern in den Ost-Staaten führen, was den Ausgleich zwischen Ost und West beschleunigen kann."
 

Sozialtourismus 

Zuletzt war die Ausgleichszulage stark im Gespräch: Da sich EU-BürgerInnen relativ problemlos in Österreich niederlassen können, besteht für PensionistInnen aus EU-Staaten die Möglichkeit, nach Österreich zu ziehen und hier eine Ausgleichszulage (Differenz auf die Mindestpension) in der Höhe von 783 Euro zu beanspruchen. Diese Möglichkeit ist vor allem für Menschen aus den ehemaligen Oststaaten attraktiv. Diese könnten einige Zeit nach der Arbeitsmarktöffnung verstärkt ihren jetzt hier arbeitenden/ansässigen Verwandten nachreisen. Um Sozialtourismus und Missbrauch einzudämmen, gab es hier in den vergangenen Jahren einige Änderungen: Die AntragstellerInnen haben nachzuweisen, dass sie sich tatsächlich in Österreich aufhalten. 

Meldezettel reicht nicht aus

Ein Meldezettel reicht nicht aus, es wird die Bescheinigung der Fremdenpolizei verlangt. Besteht der Verdacht, dass ein/e AusgleichszulagenbezieherIn nicht dauerhaft in Österreich lebt, dann kann auf Barauszahlung umgestellt werden. Last but not least: Um sich als EU-/EWR-BürgerIn legal in Österreich niederzulassen, müssen ausreichend Existenzmittel nachgewiesen werden. Die Ausgleichszulage - auf die ja erst nach legaler Niederlassung Anspruch bestünde, wird nicht mehr zur Berechnung dieser Existenzmittel herangezogen. "Die Presse" meldete kürzlich, dass derzeit rund 550 Personen mit rein ausländischen Pensionen eine Ausgleichszulage beziehen, die meisten davon kommen aus Deutschland.

Internet:
Infos der AK Wien:
tinyurl.com/3uwkua5
Infos der Gebietskrankenkasse:
tinyurl.com/6g8kzn7
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